An dieser Stelle nun eine weitere Geschichte unserer Dokumentation über Bruchsaler Originale.
Josef (Seppl) Rübenacker kenne ich selbst noch aus meiner Kindheit, auch ich trug Schuhe zur Reparatur in seine Werkstatt in der Augartenstrasse. Wer ihn und seine Frau kannte, wird sicherlich den folgenden Beitrag von Frau Mitteis mit Freude lesen:
„Im frühen Leben folgt auf jede letzte Strampelhose das erste Paar Schuhe. Die Erwachsenen wollten aus mir ein anständiges Mädchen machen, aber ich wurde eine große Schuhmörderin. Wäre ich als Junge auf die Welt gekommen, wäre ich vielleicht ein kleiner Pantoffelheld geworden. Schon beizeiten trugen mich meine Füße zum Schuhmacher Rübenacker. Dieser stille, nette Mann sah aus wie ein grauer Igel. Wenn ich die Schuhe auf seine Theke legte, blickte er mich über den Brillenrand an, putzte die rechte Hand an der blauen Schürze ab, suchte lange nach einem kurzen Bleistift und machte damit ein Geheimzeichen auf die Schuhsohlen. Sein Lädchen war winzig, die Werkstatt eng und des Meisters Herz weit. Er sprach ganz wenig und sagte meist nur den Abholtag, aber er schaute mich kinderfreundlich an, wenn ich Mühe hatte, die große Ladentüre zu schließen.Manchmal bediente mich auch seine kleine, kugelrunde, brillenlose Frau. Sie durfte sich nicht sehr drehen und bewegen, weil sonst die zahlreichen Schuhe aus dem Regal gepurzelt wären. Während sie sich um die Kundschaft kümmerte, hämmerte und leimte der Herr Rübenacker die abgetretenen Treter der Leute, flickte Löcher, klopfte neue Absätze auf, nähte aufgebrochene Nähte zusammen und schaute dabei immer wieder über seinen Brillenrand.Ach, in dem kleinen Raum roch es nach frischem Leder, und hie und da ließ ich die Großen vor, nur um noch eine große Nase von dem herrlichen Geruch abzubekommen.. Dann schaute ich mich überall um, und immer wieder las ich den Spruch über dem Leisten, der mir so gefiel und den ich bis heute nicht vergessen habe:
Manche Leute sind so keck und bringen die Schuhe mitsamt dem Dreck!
Was man doch im Leben alles im Kopf behält… Den Schuster, die Schusterin, den Laden und den Aphorismus!“
Barbara Mitteis ©