Bruchsal, Schülerhort, St. Raphael

Heute ist es soweit – das Aus für den Bruchsaler Schülerhort

Genau zum 50. Geburtstag des Schülerhortes im Kinderhaus St. Raphael schließen sich am heutigen Donnerstag abend die Türen für die letzten Hortkinder in Bruchsal für immer.

Mancher mag sagen, „alles hat mal ein Ende“, aber nein, was hier passiert, hätte nicht sein müssen.

Ein nahezu perfektes Betreuungskonzept zum Wohle unserer Bruchsaler Kinder wurde auf dem Altar der fiskalischen Bedenken der Stadtverwaltung und des Bruchsaler Gemeinderates rücksichtslos geopfert. Das Ergebnis ist eine „Betreuung“ in der Ganztagesgrundschule, die den Namen nicht wirklich verdient. Nach dem Schulunterricht am Morgen findet am Nachmittag eine  Verwahrung der Grundschüler durch meist pädagogisch nicht ausgebildete Hilfskräfte statt. Dies soll ersetzen, was ausgebildete Pädagogen mit einem perfektem Betreuungsschlüssel von 6:1 im Schülerhort geleistet haben, nämlich 50 Jahre kontinuierliche Förderung von Generationen Bruchsaler Kinder auf höchstem Niveau.

Statt Wert auf wirkliche Betreuung zu legen, stimmte der Gemeinderat für die „Verwahrungslösung“, die deshalb für die Mehrheit des Rates die richtige war, weil nicht die Stadt Bruchsal, sondern das Land den Großteil der Kosten für die Betreuung der Schüler zu übernehmen hat. Dabei wäre auch in der Zukunft das städtische Geld gut angelegt gewesen, nämlich als solide Basis für die Zukunft der Bruchsaler Kinder aller Schichten, die im Schülerhort gemeinsam im Rahmen wirklich gelebter Integration sinnvoll betreut wurden.

Mit der Schließung einher gehen:

  1. Der Verlust der hervorragende Ganztagesbetreuung in den unterschiedlichsten Räumen, Freiflächen und AGs, wie z.B. Koch- und Back-AG, Garten-AG, Werkstatt-AG, Tischtennis-AG, Fußball-AG, Theater-AG, Trommel-AG, etc… .
  2. Der Verlust der individuellen Hausaufgabenbetreuung und Vorbereitung auf Klassenarbeiten, unter Nutzung der umfangreichen Räumlichkeiten und
  3. Der Verlust der Ferienbetreuung mit hervorragendem Ferienprogramm. Diese Ferienbetreuung fand während immerhin 4  der 6 Wochen Sommerferien und fast durchgehend während der übrigen Schulferien statt und zwar immer geleistet von motivierten pädagogischen Fachkräften.

Meine Kinder waren beide gerne im Schülerhort St. Raphael und mein Junior wird nun heute Abend nach 4 Jahren Hortbesuch, zusammen mit den verbliebenen Betreuern, „das Licht ausmachen“. Ich bin nicht alleine, wenn ich traurig darüber bin, dass eine solche Bruchsaler Institution verschwindet und weiß, dass auch viele Eltern und ehemalige Hortkinder wütend darüber sind, was hier nun dann doch – abgesehen von einer kleinen Anzeige des Kinderhauses in der BruRu von gestern- heimlich, still und leise passiert.

Die Verantwortlichen, und hier vor allem die zuständigen Verwaltungsmitarbeiter, die kompromisslos schon Ende des Jahres 2015 die Schließung vorangetrieben haben, müssen es beim Anblick kommender Generationen Bruchsaler Grundschüler mit sich und ihrem Gewissen ausmachen, was sie diesen unseren Kindern genommen haben, nicht mehr und nicht weniger.

Besonders betroffen macht mich in diesem Zusammenhang auch, dass es nun wohl Bestrebungen in der Landespolitik gibt, das duale System, also Ganztagesgrundschule und kommunale Hortlösungen auszubauen und insbesondere die kommunalen Horte mit Landesmitteln zu fördern.

„Kultusministerin Eisenmann will für Ganztagsschulen weniger Bürokratie – und streitet sich mit den Grünen nach wie vor, wie Ganztagsschule und Kinderbetreuung organisiert werden sollen.

In der grün-schwarzen Landesregierung gibt es nach wie vor keine Einigung über Ganztagsschulen und die künftige Organisation der ganztägigen Kinderbetreuung. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will, dass das Land im Schuljahr 2020/2021 kommunale Betreuungsangebote bezuschusst, auch wenn es an einem Standort bereits ein offizielles Ganztagsangebot einer Grundschule gibt. Nach Eisenmanns Vorstellung sollen sich diese beiden Angebote ergänzen. Darüber gibt es aber noch keinen Konsens mit den Grünen. „Das vorliegende Konzept wird noch zwischen den Regierungsfraktionen abgestimmt“, teilte Eisenmanns Sprecherin am Dienstag in Stuttgart mit.“ (Quelle)

War der Abbau der städtischen Hortbetreuung in den letzten 3 Jahren und die daraus folgende heutige Schließung dann doch ein fataler Schnellschuß der Verwaltung?

Im Januar 2016 überreichte ich selbst als Vorsitzender des Gesamtelternbeirates des Kinderhauses St. Raphael der Oberbürgermeisterin fast 1.300 Unterschriften von Mitmenschen, die den Erhalt des Hortes unterstützten. Diese Liste hinterließ bei den Verantwortlichen genauso wenig  Eindruck wie das Bilderbuch, welches die Hortkinder selbst gefertigt und in welchem sie „ihren Hort“ beschrieben hatten. Sie finden das Buch -geteilt in zwei pdf Dateien- sowie den damaligen Horterhaltsflyer unten angefügt.

Schade Bruchsal, eine weitere verpasste Chance…

 

Hortbuch 2 Hortbuch 1 Hortflyer 2015

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6 Gedanken zu “Heute ist es soweit – das Aus für den Bruchsaler Schülerhort

  1. Elli schreibt:

    ICH war sowohl in der Kindertagesstätte und dann im Schülerhort bis zur 5.Klasse denke gerne an die Zeit zurück. Danke Frau Irmgard Hubbuch, Frau Grundl , Frau Moser, Frau Maier, sie waren ganz schrecklich….sie hätten keine Erzieherin werden sollen.
    und an die anderen Erzierher….Schade das es das nicht mehr gibt.
    Elvia

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  2. Karl-Heinz Lassé schreibt:

    In diesem Haus St.Rafael bin ich groß geworden von 1951 bis 1966 und war damals auch Heimkind in meiner Kindes-und Jugendzeit. Auch ich finde es genauso Schade, dass der Schülerhort jetzt geschlossen ist, auch wenn es jetzt sehr lange her ist und ich in Berlin lebe seit 2009 bis heute 2020.Das Kinderhaus Sankt Rafael hieß damals während mein Kindes-und Jugendzeit(1951-1966)Kinderheim Sankt Josef und während der 1950er Jahre war die Ära unter der Heimleiterin Frau Edith Olschewski und dann während der 1960er Jahre die neue Ära, als Venzentinerinnen/Ordenschwestern es übernahmen von 1959-1969.

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  3. Jette Wagenblast schreibt:

    Jochen, Danke für Deinen Beitrag und das große Lob für den Schülerhort. Dem kann ich mich nur anschließen. Meine drei Großen haben im St. Raphael ihre Grundschulzeit verbracht und sowohl die Kinder als auch wir Eltern waren absolut glücklich mit der Einrichtung, den Betreuungskräften, den Angeboten, der Hausaufgabenbetreuung, der Ferienbetreuung, dem Mittagessen … einfach rundum. Unser Jüngster kam nicht mehr in den Genuss von St. Raphael sondern gehörte zur 1. Generation von Ganztagskindern an der Stirumschule, und das seit 3 Jahren (er beendet jetzt die 3. Klasse). Daher möchte ich Dir in einem Punkt widersprechen: „Verwahrung der Grundschüler durch meist pädagogisch nicht ausgebildete Hilfskräfte“ trifft zumindest auf die Stirumschule nicht zu.

    Für mich ist der Unterschied Hort – Ganztagsschule wie ein 5-Sterne-Hotel im Vergleich zu einem 3-Sterne-Hotel. Auch in einem 3-Sterne-Hotel kann man einen tollen Urlaub verbringen. Betreuungsschlüssel, frisch gekochtes Mittagessen, Kontinuität und Flexibilität der Ferienbetreuung – ja, da hatte St. Raphael „2 Sterne mehr“, aber von „Verwahrung“ ist die Ganztagsgrundschule doch weit entfernt.

    Zum Abschluss noch mal ein herzliches DANKESCHÖN an das Team vom St. Raphael für die vielen schönen Jahre!

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  4. klaudies schreibt:

    Herr Dr. Wolf, Sie sprechen uns aus der Seele. Auch unsere Kinder waren viele Jahre im Schülerhort des Kinderhauses St. Raphael. Sie haben sich immer sehr wohl gefühlt in der Gemeinschaft, die Hausaufgaben waren immer (korrekt) gemacht und wir als Eltern konnten uns stets auf die gute und zuverlässige Betreuung verlassen. Es ist wirklich sehr schade, dass es soweit kommen musste. Danke für Ihren Artikel. K. Essig

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