Bruchsal, Bruchsaler Geschichten

Die Frau H.

Die Frau H. beherbergte weder Herr noch Mann, weil sie eine anständige Kriegerwitwe war. Sie bewohnte uns gegenüber eine Dachwohnung und war nicht viel freundlicher als Frau Freund.

Für uns Kinder war es eine große Umstellung von der schönen Villa mit Garten und von den lieben Schweikerts Abschied genommen zu haben, um unter dem Dachjuche eng zusammen zu leben.

Es war aber nur eine Übergangswohnung und die drei Jahre verschwanden im Nichts.

Das Haus wurde damals rasch auf Trümmerresten wieder aufgebaut und seine Wände waren so hellhörig, dass man erkältete Flöhe husten hören konnte. Die angrenzenden Häuser waren keine mehr, denn aus traurigen Ruinenresten rankten sich Winden und Brennnesseln. In der Notstandszeit dachte kein Mensch an den gesunden Brennnesseltee, und die Leute wollten lieber den ungesunden Bohnenkaffee trinken.

Weiterlesen
Standard
Bruchsal, Bruchsaler Geschichten

Der Bäcker Gutfleisch

Auch’s waren zwei Schwestern und sie führten einen Tratschladen. Das eine Fräulein Auch war sehr hager, hatte eine Brille auf der Nase und ein winziges Haarknötchen im Nacken. Für kleine Kinder hatte sie meist nur ein süßes Lächeln übrig und nur alle halbe Jahr suchte sie in einer Schublade nach einem Stückchen Bruchschokolade. Ihre Schwester war kugelrund, trug eine Haarkrone und eine dunkelblaue Blümchenschürze. Ich mochte sie mehr, weil sie nach dem Geldherausgeben den Bonbonglasdeckel hob.

Weiterlesen
Standard
Bruchsal, Bruchsaler Geschichten

Die Sailermädchen

Bild: Pixelio

Herr Sailer hatte nichts mit Seilen und Stricken zu tun, denn es war ein rechtschaffener Bahnbeamter, der mit seiner Familie in die Wohnung der Frau Tatra einzog.

Herr Sailer grüßte immer freundlich, und seine zwetschgenblaue Uniform und seine rote Dienstmütze gefielen mir ganz ungemein. Wenn er zivil daherkam, war er gar nicht mehr so ungemein interessant.

Weiterlesen
Standard